Lissabon -

Hieronymus-
kloster

Das Mosteiro dos Jeróminos de Belém im Stadtteil Belém (Belém ist eine Abkürzung für "Bethlehem") ist wohl das berühmteste Bauwerk Portugals im manuelinischen Stil. Gleichzeitig verkörpert es Macht und Reichtum im "goldenen" Zeitalter der Entdeckungen und gilt als Symbol für die glorreiche Geschichte Portugals.

Am Standort des Klosters befand sich ursprünglich eine Unterkunft für Seeleute. Heinrich der Seefahrer ließ daneben 1459 eine Kapelle errichten, in der die von ihm unterstützten Christusritter beteten, bevor sie zu ihren Entdeckungsfahrten in See stachen. Vasco da Gama trat am 8.Juli 1497 von hier aus seine Seereise nach Indien an. Die Entdeckung des Seeweges nach Indien - Vasco da Gama kehrte 1499 zurück - machte Portugal zur führenden Seefahrernation und brachte aufgrund des Gewürzhandels viel Geld in die Staatskasse. Der seinerzeit regierende König Manuel I. (1495 - 1521) ließ aus Anlaß der glücklichen Rückkehr der Seefahrer und um Macht und Ansehen Portugals zu demonstrieren, die Klosteranlage in Belém bauen. Der Grundstein wurde am 24.4.1500 gelegt, nachdem vorher die alte Kapelle abgerissen worden war. Gewidmet ist sie dem heiligen Hieronymus, dem Schuttzheiligen des Königs. Bis 1834 lebten Mönche in dem Kloster, danach beherbergte das Kloster ein Waisenheim. Jetzt befindet sich im Südflügel das archäologische und ethnologische Museum, im Westflügel das Marinemuseum.

Die Bauarbeiten zogen sich Jahrzehnte hin, erst im Jahre 1571 wurden sie abgeschlossen. Fünf der bekanntesten Architekten ihrer Zeit waren nacheinander, teilweise auch nebeneinander, damit beschäftigt, das Kloster nach ihren Plänen fertigzustellen. Bemerkenswert dabei ist, daß das Bauwerk dennoch als Einheit wirkt, offensichtliche (Stil-)Brüche nicht auftreten. Zuerst leitete der Baumeister Diago Boytac (auch Boytac)von 1500 - 1516 (die Angaben in der Literatur schwanken zwischen 1490-1525) die Arbeiten. Er hat auch den Grundriss des Klosters entworfen. Ihm folgte 1517 João de Castilho, ein gebürtiger Spanier, der das berühmte Südportal geschaffen hat. Das Westportal stammt von Nicolas de Chanterène, der Chor von Jean de Rouen.
Ab 1517 waren 100-200 Arbeiter im Akkord auf der Baustelle beschäftigt. Geld war seinerzeit im Überfluß vorhanden, 5 Prozent des Erlöses aus dem Indienhandel floß in die Finanzierung des Bauvorhabens.

Das Kloster ist neben dem Turm von Belem das Paradebeispiel für den manuelinischen Stil. Nur in Portugal bildete sich dieser Baustil, geprägt von der Freude am Spielerischen mit Motiven aus der Seefahrt und indisch-orientalischem Schmuck, aus. Kennzeichnend ist der dekorative Schmuck, insbesondere der Fenster, Portale und Pfeiler. Taue, Knoten, Pflanzen, Tiere "umschlingen" den Stein; sehr fein ziseliert sind auch die unzähligen Figuren, die die Portale schmücken.

Als berühmtestes Beispiel hierfür gilt das Südportal der Klosterkirche Santa Maria de Belém. Mit seiner Fülle von Figuren und Verzierungen wird es Ihnen, wenn Sie vom Praça do Imperio auf das Kloster zugehen, sofort auffallen. Die Figur zwischen den beiden Türen stellt Heinrich den Seefahrer dar, über ihm vor dem Fenster tront Maria, oben vor dem Hauptgesims schaut ein Wappenengel herab. Rechts und links davon stehen 24 in Stein gemeißelte Heilige und Bischöfe, überdacht von kunstvoll verzierten Baldachinen. In die Kirche kommen Sie über das Westportal, das recht dunkel im Durchgang zum Kloster liegt. Die Figuren neben der Tür - rechts König Manuel, links seine 2.Ehefrau Maria - zeigt das Königspaar, wie es tatsächlich aussah; die Gesichter sollen nach Gipsabdrücken gefertigt worden sein.
Obwohl die Kirche von ihren Ausmaßen her gewaltig ist (90 m lang, 27m breit, 25m hoch) wirkt sie durch ihr Netzgewölbe an der Decke und vor allem durch die 6 Stützpfeiler nicht wuchtig. Die Säulen, die die drei Kirchenschiffe trennen, haben nur einen Durchmesser von 1m, sind reich verziert und öffnen sich zur Decke hin wie eine Blume.
Gleich am Eingang sehen Sie rechts (mit gefalteten Händen) das Grabmal für den Nationaldichter Camões, links der Sarkophag für Vasco da Gama. Sicher ist ,daß die Gebeine von Camões nicht in der Kirche liegen, er starb am 10.Juni (heute in Portugal Nationalfeiertag zu Ehren des Dichters) 1580 an der Pest und wurde in einem Armengrab beerdigt. Vasco da Gama wurde erst 1880 im Kloster beigesetzt, ob tatasächlich seine Gebeine im Sarg liegen, ist ungewiß.

Vom Querschiff aus - die Hieronymusstatue aus Terrakotta in der Mitte ist beliebter Standort der Reiseführer, die hier ihre Vorträge halten - sehen Sie in der Nord- und Südkapelle die Sarkophage von Mitgliedern des Königshauses aus der Linie Avis (regierte 1383-1580). 5 Könige, 7 Königinnen und 19 Abkömmlinge aus dem Hause Avis sind in der Kirche beerdigt.
Im Chor, der sich durch seine schwere marmorne Tonnendecke deutlich von dem übrigen "verspielten" Dekor abhebt, stehen, von Elefanten getragen, die Sarkophage von Manuel I und seiner Frau Maria sowie seines Sohnes João III und dessen Frau Katharina von Österreich.

Während die Kirche kostenlos für die Besucher offen steht - sie wird für den Gottesdienst nicht mehr genutzt und ist Nationaldenkmal - müssen Sie eine Eintrittskarte lösen, um das Kloster mit seinem berühmten Kreuzgang zu besichtigen. Der zwei Stockwerke umfassende Gang ( je 55 m ) um einen Ziergarten herum ist mit "versteinertem" Schmuck überladen, kaum eine Fläche, die nicht verziert ist.
Der Speisesaal /Refektorium) an der Nordwestseite besticht durch seine schönen Kacheln aus dem 17. Jhdt und seinem beeindruckenden Netzgewölbe.